Ich lebe mich leer – ist kein Programm oder Plan, den ich habe um bewusst zu leben. Mich leer zu leben ist die schlichte Absicht, ein Leben zu leben, anstatt danach zu suchen. Jedes Mal, wenn sich mein so cleverer Verstand meldet und meint, ich muss ein Problem lösen, weiß ich, dass alles okay ist. Die Knospen eines Baumes öffnen sich, wenn der Frühling das Zeichen zum Blühen gibt. Sie öffnen sich, denn das ist ihre Bestimmung. Sie halten nicht an ihrer festen Hülle fest, sondern erlauben den zarten Blüten, die Welt zu sehen. Das aufblühende Leben wehrt sich nicht, wenn Bienen sich auf ihre zarten und verletzlichen Pollenstängel setzen und den Blütenstaub davontragen. Es ist ihre Bestimmung, ihre unausgesprochene Absicht, formuliert durch das Leben. Der Baum, er hält sich nicht an seiner grünen und sterbenden Blätterpracht fest. Er lässt sie gehen; gibt sich seinem anstehenden Winterschlaf hin. Das gestorbene Grün wird zum Nährstoff des Bodens, der sich nicht wehrt wärmend bedeckt zu werden. Und so lebe ich mich leer, damit all das, was durch mich geboren, gelebt, berührt, beschenkt und auch sterben darf, geschehen kann. Lebe ein Leben, anstatt es zu suchen.
Aus dem Buch: Tage in Stille
